Plattensee mal anders – der Klein-Balaton

Zuerst einmal gibt es den „großen“ Plattensee, den größten Binnensee Mitteleuropas, den die Ungarn Balaton nennen – oder aber scherzhaft auch „das ungarische Meer“.

Mit richtigem Plantsch- und Badespaß für Groß- und Klein, einer Partymeile und vielen tollen Aktivitäten für den perfekten Sommerurlaub.

Und dann gibt es da noch den „Klein-Balaton“. Die beiden teilen sich zwar den Namen, das Gebiet und die Geschichte, könnten aber gar nicht unterschiedlicher sein.

Beim Klein-Balaton handelt es sich im Prinzip um eine ehemalige Bucht des großen Bruders, die heute zu den einzigartigsten Landschaften Ungarns zählt.

Die einstige, in südwestliche Richtung verlaufende Erweiterung der heutigen Bucht bei Keszthely wurde 1951 als selbstständiges Gebiet unter dem Namen Kleiner Balaton, mit einer Gesamtfläche von 1403 Hektar, in das Naturschutzverzeichnis aufgenommen. Auf früheren Darstellungen bis zum 18. Jahrhundert ist noch die verlängerte Bucht, als das westlichste Teil des Plattensees zu erkennen. Damals gab es zwischen der heutigen und der damaligen Bucht einen schmalen Kanal, bis der Fluss, der hier in den Plattensee mündet, mit seinen Sedimenten Schicht für Schicht die eigene Mündung verschüttete.

Heute zeugen einige Dorfnamen davon, dass der Plattensee einst bis dahin seine Wellen schlug – wenn man zum Beispiel zwischen Zalavár und Balatonmagyaród unterwegs ist, erzählt die einstige Siedlung Balatonhídvég davon, dass es hier irgendwann mal einen Hafen am Balaton, dem Plattensee gab. Heute können wir uns schwer vorstellen, dass das erste Dampfschiff des Plattensees am Ende des 19. Jahrhunderts hier öfter mal anlegte.

Diese ehemalige, am westlichsten gelegene Bucht des Plattensees ist aber eigentlich ein Flussdelta. Der Fluss, der dem Komitat seinen Namen gab, heißt Zala (Salla), entspingt im südwestlichen Grenzhügelland, schlängelt durch die sumpfige Landschaft und mündet schließlich in der Bucht bei Keszthely in den Plattensee. Das Flussgebiet der Salla macht alleine etwa die Hälfte des gesamten Einzugsgebiets am Plattensee aus. Daher spielte diese ehemalige Bucht sowohl im Wasserhaushalt als auch im ökologischen Gleichgewicht des ganzen „großen“ Plattensees eine entscheidende Rolle.

Foto: @Wunderbarer Balaton

Die diversen, durch Menschenhand verursachten Eingriffe in das Ökosystem haben die Landschaft nachhaltig geprägt und geformt –  die Schwankungen des Wasserspiegels nahmen signifikant ab, und führten zu einer drastischen Änderung im Verhältnis zusammenhängender Wasseroberoberflächen und Pflanzenbedeckung.

Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts wandelte sich die kleine Bucht nach den Flussbettregulierungen an der Salla und der Errichtung der Sió-Schleuse bei Siófok in sumpfige Schilflebensräume. Ein Großteil ist einfach ausgetrocknet, das Flussdelta war nicht mehr im Stande, seine natürliche Filterfunktion zu erfüllen, sodass die Wasserqualität des Plattensees allmählich ein düsteres Bild zeichnete.

Foto: @Wunderbarer Balaton

Um einer sicheren Umweltkatastrophe vorzubeugen, wurde anschließend unter Einbezug von Ingenieuren, Limnologen, Biologen und anderen Wissenschaftlern ein Wasserschutzsystem erarbeitet. Der Naturschatz Plattensee sollte durch geplante Überflutung der einstigen Bucht für die nächsten Generationen bewahrt werden. 1979 traf man die Regierungsentscheidung über die Rekonstruktion der sterbenden Sumpfwelt. In der ersten Phase des Projekts wurde das westliche Seebecken bei Balatonhídvég überflutet. 1986 wurde dann auf Anordnung des Präsidenten der Nationalen Umwelt- und Naturschutzbehörde das vollständige Gebiet des Wasserschutzsystems samt umliegenden Schutzwäldern, Feldern und Äckern, bis hin zur natürlichen Ufervegetation bei Fenékpuszta unter dem Namen Klein-Balaton Landschaftsschutzgebiet auf 150 Quadratkilometer erweitert.

Nach dem zweiphasigen Projekt zum Erhalt der einzigartigen Sumpfwelt haben sich Flora und Fauna erwartungsgemäß schnell regeneriert. Durch die Wiederherstellung des natürlichen ökologischen Gleichgewichts erschuf man auf diese Weise den größten Feuchtbiotop Europas, der nicht nur ein erstaunlicher Lebensraum ist, sondern als solcher auch unter besonderem Landschaftsschutz steht.

Foto: @Wunderbarer Balaton

Die beiden, miteinander verbundenen Seen, von denen der eine an der Komitatsgrenze Zala liegt, während der andere in der Nähe von Vörs im angrenzenden Komitat Somogy, stellen als großflächiges, zusammenhängendes Feuchtgebiet auch mit europäischen Maßstäben gesehen einen außerordentlichen natürlichen Wert dar.

Foto: @Wunderbarer Balaton

Der Klein-Balaton zählt seit 1979 zu den Schutzgebieten von internationaler Bedeutung, die unter Schutz der Ramsar-Konvention stehen. Bei diesem Übereinkommen über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel, handelt es sich um eines der ältesten internationalen Vertragswerke zum Naturschutz.

Das Feuchtgebiet Klein-Balaton, das als unberührter Naturschatz zahlreiche Werte der biologischen Vielfalt bewahrt und heute hauptsächlich als Vogelschutzgebiet gilt, ist stark geschützt, sodass die Bewegung von Touristen dementsprechend stark eingeschränkt ist.

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